Omega 3 bei ADHS: Was sagt der HS-Omega-3 Index aus?

Omega-3 bei ADHS? Interview mit Prof. Dr. Clemens von Schacky über den HS Omega 3 Index
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Das Interview mit Prof. Dr. Clemens von Schacky

Wir hatten die Möglichkeit, Prof. Dr. Clemens von Schacky zum Thema Omega 3 in Bezug auf ADHS zu interviewen. Er ist renommierter Experte auf dem Gebiet der Omega-3-Fettsäuren.

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Wann haben Sie sich erstmals mit dem spannenden Forschungsthema zu Omega 3 beschäftigt?

Das ist nett, dass Sie das heute fragen. Das ist wirklich schon 40 Jahre her und ich habe die Entwicklungen, Fehl-Entwicklungen, Fehlerdurchbrüche von 40 Jahren Omega-3 Forschung miterlebt und das ist einfach ein sehr spannendes Forschungsthema. Weil Omega-3-Fettsäuren Bestandteile der Zellmembran sind und nicht aus der Zellmembran verschwinden dürfen und die Funktion der Zelle deutlich beeinflussen.

Was fasziniert Sie dabei am meisten in Bezug auf den möglichen Gesundheitsnutzen?

Der Mensch ist voll gebaut für relativ hohe Spiegel von Omega-3-Fettsäuren, die Menschwerdung hat stattgefunden unter einer guten, sehr guten Versorgung mit Omega-3-Fettsäuren und dabei ist auch das Gehirn so groß geworden, das ja aus DHA (Docosahexaensäure) im Wesentlichen besteht. Das war nur möglich dadurch, dass so viele Omega-3-Fettsäuren zur Verfügung waren. Wahrscheinlich haben wir da verloren, die Fähigkeit, aus der pflanzlichen Alpha-Linolensäure (ALA) längerkettige Omega-3-Fettsäuren zu machen. Was bedeutet, dass wir zum Beispiel für Aufbau und Erhalt unseres Gehirns auf die direkte Zufuhr von DHA angewiesen sind.

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Wie beurteilen Sie dazu den allgemeinen Wissenstand in der Bevölkerung?

Dazu haben wir mal eine Umfrage gemacht und etwa 80 % der Bevölkerung halten Omega-3-Fettsäuren gesund, insbesondere für Herz und Gehirn. Für weitere Aspekte der Körpergesundheit aber nur 20 % oder weniger, ziehen daraus eine Konsequenz nämlich, dass sie sich dafür interessieren, ob sie auch genügend Omega-3-Fettsäuren bekommen.

Welche Omega-3 Fettsäuren gibt es und wie lassen sich diese im Körper nachweisen?

Es gibt eine ganze Reihe von Omega-3-Fettsäuren. Die Wichtigsten sind die pflanzliche Alpha-Linolensäure, die wie angesprochen vom Menschen nicht in längerkettige andere Omega-3-Fettsäuren verwandelt werden kann. Auf die wir aber angewiesen sind, wir sind auch auf die Eicosapentaensäure (EPA) angewiesen und auf die und auf die Docosahexaensäure (DHA).

Die kann man überall nachweisen, sie sind überall im Körper. Das übliche Nachweisverfahren ist, dass man eine Fettsäure Analytik macht. Aber nicht jeder Mensch ist willens, sich zum Beispiel eine Hirnbiopsie machen zu lassen und dann ist es einfacher, man nimmt eine Zelle, die repräsentativ ist für den Rest des Körpers. Und das ist das rote Blutkörperchen.

Was genau ist der HS-Omega-3 Index?

Der Omega-3 Index wurde im Jahr 2002 erfunden, in Chicago. Als ich mit meinem Miterfinder ein Bier getrunken habe und wir dann gesagt haben, „Wir machen das jetzt“. Und dann haben wir das zwei Jahre lang entwickelt. Wir haben die analytische Methodik entwickelt, wir haben das intellektuelle Fundament dazu entwickelt und haben 2004 eine erste Publikation zu dem Thema rausgebracht. Das wichtige ist, es ist eine standardisierte Fettsäure Analytik von einer Zelle, die eine niedrige biologische Variabilität hat und alle anderen Zellen des Körpers repräsentiert. Die Verfügbarkeit einer solchen standardisierten Analytik hat dazu geführt, dass praktisch alle wesentlichen wissenschaftlichen Gruppen, alle relevanten Firmen, alle Universitäten, aber auch andere wie z.B. die amerikanische Armee oder die Bundeswehr, uns beauftragt haben, unsere Analytik für sie zu unternehmen, für Forschungszwecke zu arbeiten. Die Entwicklung ist jetzt gerade bei über 360 Publikationen auf Basis unserer Methode, das ist ein Entwicklungsprogramm für ein Laborparameter das sich bei keiner anderen Fettsäuren Analytik gibt. Das heißt, wir wissen, was wir messen!

Gibt es einen Unterschied zwischen Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA)?

Die haben beide wichtige Funktionen im Körper. Man findet zum Beispiel im Gehirn DHA nicht, aber EPA. Aber DHA hat nicht nur die Funktion einer Strukturfettsäure, sondern moduliert z.B. auch die Durchblutung, den Abbau, eine Entzündungsreaktion und viele andere Funktionen, die sie über besondere Metaboliten erreicht. Ähnliches gilt für EPA, EPA hat wesentliche Auswirkungen auf die Durchblutung. Und Sie können zum Beispiel solche Studien machen, dass sie gezielt den Omega-3 Index anheben, mit intelligenten Verfahren die Hirndurchblutung studieren. Sie stellen fest, die Hirndurchblutung ist besser geworden und können dann einen kognitiven Test machen, der diese Region des Gehirns überprüft und stellt dann fest, dass die kognitive Funktion besser geworden ist. Das heißt, die Hirndurchblutung spielt eine wesentliche Rolle, da spreche ich nicht nur von Schlaganfall, sondern von der Alltags-Hirndurchblutung.

In welchem Zielbereich liegt der optimale HS-Omega-3 Index bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen?

Der Index liegt optimal zwischen 8 bis 11 %, und zwar in allen Altersgruppen. Wir wissen das deswegen, weil die Natur eine Pumpe eingebaut hat in die Plazenta, die dafür sorgt, dass das werdende Kind schon auf einen korrekten Index eingestellt wird. Und wir wissen, dass der Index im optimalen Bereich für Erwachsene bedeutet, dass sie länger Leben, weniger erkranken, dass sie z.B. weniger Herzinfarkte, weniger Schlaganfälle bekommen usw. Sodass das es eine Sache ist, nicht nur für jegliche Organfunktion von Bedeutung sind, sondern für das Leben insgesamt.

Wie ist die jüngste Studienlage zum HS-Omega-3 Index?

Da könnte ich jetzt über so viele Themen berichten, damit will ich sie nicht langweilen. Aber unsere initiale Idee, den Omega-3 Index als Risikofaktor für den plötzlichen Herztod zu entwickeln, ist von der Realität völlig überrollt worden. Wir wissen inzwischen unter anderem, dass man bei Kindern, die ADHS haben, in aller Regel niedrige Spiegel findet. Das gilt auch z.B. für Kinder mit anderen psychischen oder psychiatrischen Problemen, es gilt für Erwachsene mit psychischen oder psychiatrischen Problemen. Es gilt auch für Personen mit kognitiven Einschränkungen, worin sich immer wieder das Gleiche zeigt. Nämlich, dass die Omega-3-Fettsäuren für die Gehirnfunktion von entscheidender Bedeutung sind.

Warum muss der HS-Omega-3 Index in roten Blutkörperchen (Erythrozyten) bestimmt werden?

Weil die roten Blutkörperchen in ihrer Fettsäuren Zusammensetzung repräsentativ sind für jede andere Zelle im Körper. Das ist sehr praktisch. Wie ich anfangs schon sagte, eine Hirnbiopsie kann entfallen und die meisten Leute haben das ganz gern.

Welche Auswirkungen hat ein geringer HS-Omega-3 Index bei Kindern und Jugendlichen mit ADHS?

Viele. Kurze Antwort ist viele. Wir wissen, dass einige Symptome von ADHS z.B. mit den Spiegeln der Omega-3-Fettsäuren korrelieren. Das heißt, z.B. es weckt die Aufmerksamkeitsspannen. Aufmerksamkeitsspannen sind umso länger, je höher der Omega-3 Index ist, z.B. emotionale Stabilität, die emotionale Stabilität ist umso höher, je höher der Omega-3 Index ist. Und das kann man für mehrere ADHS Symptomen nachweisen, sodass die niedrigen Spiegel mit Omega-3-Fettsäuren quasi eine Voraussetzung sind für die Entwicklung mit ADHS. So sehe ich es! Es hat sich aber noch nicht überall so durchgesetzt.

Gibt es Studien zu Omega 3 in Bezug auf die kognitive Leitungsfähigkeit bei ADS/ADHS?

Es gibt für alle von Ihnen angesprochenen Themenbereiche gibt es nicht nur einzelne Studien, sondern jeweils Dutzende Studien. Die man dann in übergeordneten Analysen zusammengefasst hat, sogenannte Metaanalysen. Die in aller Regel auch positive Effekte zeigen, auch für ADHS, obwohl die Datenlage nicht 100-prozentig konsistent ist. Das hat Gründe, die in der Studienmethodik zu finden sind, denn es ist nicht so ganz einfach, Omega-3-Fettsäuren wissenschaftlich zu untersuchen, weil z.B. die Bioverfügbarkeit von Omega-3-Fettsäuren von Person zu Person sehr unterschiedlich ist. Das geht bis zu einem Faktor von 13, d.h. wenn sich zwei Leuten eine Kapsel Omega-3-Fettsäuren in den Mund stecken, kommt bei dem einen fast nichts mehr an und bei dem andern jede Menge. Und das ist einer der Gründe, warum es so schwierig ist, Omega-3-Fettsäuren zu studieren. Es kommt auch noch dazu, dass die Omega-3-Fettsäuren nicht alleine entscheidend sind für die Gehirnfunktion, sondern dass es da auch jede Menge andere Substanzen gibt, die mitreden, was die Qualität der Funktion angeht. Dazu gehört auch die Arachidonsäure. Die Arachidonsäure ist die zweitwichtigste Strukturfettsäure des menschlichen Gehirns. Wenn sie jetzt z.B. zu hohe Spiegel von DHA erzeugen, in dem sie zu viel DHA geben, wird die Arachidonsäure verdrängt und die Wirkung der DHA tritt nicht mehr ein. Weil die zweite Fettsäure fehlt, um das zu ergänzen.

Das heißt, es gibt weitere Schwierigkeiten und deswegen ist es sehr sinnvoll bei Studien nicht die Omega-3-Fettsäuren wie ein Pharmakon einzusetzen. Zu sagen, der eine bekommt es der andere nicht und dann vergleichen wir am Schluss, sondern gezielt anhand von Spiegel Kontrollen. Erst die optimalen Spiegel erzeugen und dann die Effekte zu vergleichen mit Spiegeln, die nicht optimal sind. Das ist ein leicht anderes Studiendesign, was aber sehr viel aussagekräftiger ist und sich beginnt durchzusetzen. Nun ist es so, dass bei ADHS Kindern die Spiegel häufig niedrig sind, nicht immer, aber das führt auch dazu, dass eben sehr viele positive Ergebnisse erzielt worden. Das führt auch dazu das eben sehr viele positive Ergebnisse erzählt worden, führt aber auch dazu, was ich über die Arachidonsäure gesagt habe, das die Datenlage nicht konsequent sein kann. Das sind so kleine Tricks in der wissenschaftlichen Arbeit, die man dann rausbekommt, wenn man sich 40 Jahre mit diesem Thema beschäftigt. Wenn sie ohne jegliche Kenntnis hingehen und z.B. was üblich ist eine Metaanalyse machen (eine übergeordnete Analyse von Interventionsstudien) dann bedenken sie solche Sachen nicht, sondern betrachten Omega-3-Fettsäuren als gängiges Pharmakon und verwenden die gleichen Werkzeuge um die Wirkung der Omega-3-Fettsäuren zu erkennen, greifen aber damit zu kurz.

Was empfehlen Sie Eltern von Kindern mit dem Verdacht auf ADHS?

Wahrscheinlich ähnlich so wie Sie, dass man die Diagnose erst mal richtigstellen muss. Das hat sich aber eigentlich bei Kinder- und Jugendpsychiatern inzwischen sehr deutlich durchgesetzt. Etwas anders ist es möglicherweise bei den allgemeinen Kinderärzten. Das eine ist also die gute Diagnose und als Nächstes würde ich persönlich bei allen diesen Kindern den Omega-3 Spiegel bestimmen, weil das etwas ist, was man ändern kann. Man kann es ohne große Nebenwirkungen ändern. Mit einer Änderung/Optimierung der Spiegel wird man zu Erfolgen führen.

Ist Methylphenidat aus ihrer Sicht stets die erste Wahl?

Wenn sie schon so fragen, nein. Aber ich bin kein Kinder- und Jugendpsychiater, ich bin Kardiologe und deswegen bin ich da nicht kompetent genug. Methylphenidat ist ein Medikament, was sehr rasch wirkt und was deswegen attraktiv ist sowohl für den behandelnden Arzt als auch für die Patienten, sowie für die Eltern. Die Kinder werden zum Arzt gebracht, kriegen Methylphenidat und verlassen scheinbar gesund die Praxis. Das ist sehr attraktiv. Wenn sie Omega-3-Fettsäuren geben, dann dauert es mehrere Wochen, bis sie eine Wirkung erkennen können und das überfordert manchmal die Geduld der beteiligten Personen.

Wie beurteilen Sie bei Kindern mit ADHS Symptomatik eine gezielte Supplementierung von Omega-3 Fettsäuren?

Omega-3-Fettsäuren auf jeden Fall, Spiegel optimieren und weitere Mikronährstoffe je nachdem ob sie erforderlich sind, z.B. Vitamin D. Aber man sollte schon vorher klären, ob diese auch wirklich im Körper fehlen, weil sonst nimmt man sie umsonst.

Lässt sich über die heutige moderne Ernährung ein optimaler Omega-3 Spiegel erreichen?

Das ist leider so gut wie unmöglich. Die heutige Ernährung ist arm geworden an Omega-3-Fettsäuren, weil z.B. die Fischzüchter immer weniger Omega-3-Fettsäuren in die Fischzucht hineingeben und dann die Fische immer weniger Omega-3-Fettsäuren enthalten. Andere Quellen sind andere Fische wie z.B. Thunfische, die mit Umweltgiften belastet sind, sodass diese Quellen dann auch nicht optimal sind. Insgesamt ist über die letzten 200 Jahre die Ernährung an Omega-3-Fettsäuren verarmt und verarmt weiter.

Wie lange sollte man eine Omega-3 Supplementierung vornehmen, bis man erneut den HS-Omega-3 Index überprüfen sollte?

So nach 3-4 Monaten gibt es ein neues Gleichgewicht, dann sollte man kontrollieren, ob man mit der gewählten Dosis richtig liegt und wenn die Dosis stimmt, reichen jährliche Kontrollen.

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Wie oft sollte der HS-Omega-3 Index bestimmt werden?

Mit ADHS sollte der HS-Omega-3 Index bestimmt werden, wenn die Diagnose gestellt wird. Um sicherzustellen, ob das Kind ein Omega-3 Mangel hat, den man dann ja beseitigen kann. Dieses Vorgehen stammt nicht von mir, sondern von den neuesten kanadischen Leitlinien, die genau das empfehlen. Nämlich die Bestimmung des Spiegels von Omega-3-Fettsäuren beim Kind und ausgleichen eines Defizits, wenn ein Defizit besteht. Das ist wahrscheinlich, dass ein Kind mit ADHS ein Defizit von Omega-3-Fettsäuren hat.

Wo kann man einen Omega-3 Test machen?

Man kann sich sowohl beim Arzt Blut abnehmen lassen, der Arzt kann dann das Blut zu uns schicken oder man kann sich über unsere Webseite oder verschiedene andere Anbieter mit unserem HS-Omega-3 Index Test, da gibt es verschiedene Möglichkeiten. Diese sind an der persönlichen Präferenz angestellt.

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